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Kurt Lauer




Kurt Lauer – Der Jazz ist ebenso seine Leidenschaft wiedie bildnerische Kunst. Seit 50 Jahren hat sich der gebürtige Radolfzeller als kreativer Kopf und engagierter Jazzmusiker einen Namen gemacht. Wir haben ihn in seinem Atelier in Kreuzlingen besucht.


Der Künstler beim Malen in seinem Atelier in Kreuzlingen.

Was für ein Empfang! Kaum habe ich das Atelier von Kurt Lauer in der Villa Raichle an der Schützenstrasse 37 betreten, werde ich von jazzigen Klängen aus seiner Klarinette begrüsst. Das sei bei ihm Tradition, meint der gut gelaunte Musiker und Künstler und bittet mich in sein Reich. Sein Atelier liegt im Erdgeschoss dieser Fabrikantenvilla aus dem Jahre 1915. Räume voller Kunst und Phantasie erwarten mich. Unzählige Bilder zieren die Wände des Salons wie auch des dahinter liegenden Malateliers. Schnell wird klar: Der Stil von Kurt Lauer lässt sich kaum in eine Schublade stecken. Einst wurde seine Kunst von einem Laudator mit «Lauerismus» umschrieben. Er könne mit diesem Titel gut leben, meint der Künstler schmunzelnd. Andere sprechen von abstraktem Surrealismus, wobei sich Abstraktes und Surreales grundsätzlich beissen und ein Paradoxum bilden. Also bleiben wir beim Lauerismus.



Bilder mit Melodie

Organische Formen, die vielleicht an Motoren, das Innenleben eines Compu- ters, an menschliche Herzen oder gar an ein Musikinstrument erinnern, wechseln sich ab mit kuriosen Figuren, die über- grosse Köpfe oder Augen haben. Und irgendwie wird man das Gefühl nicht los, dass aus allen Bildern eine Melo- die erklingt. Nur eine Einbildung? Nicht unbedingt, sagt Kurt Lauer: «Ich betrachte meine Kunst als gemalte Musik. Auch wenn ich meist nicht von konkreten Melodien inspiriert werde, trage ich die Musik im Herzen und werde von ihr beim Malen beeinflusst.» Besonders bei seinen überzeichneten und skurril entstellten Figuren lässt Kurt Lauer den Schalk sprechen. Seine geometrischen und organischen Formen und die skurril-versponnenen Pfade hingegen sind Ausdruck von grosser Genauigkeit und präzisem Zeichenhandwerk. Letzteres hat er als Vermessungstechniker von der Pike auf gelernt. Als Künstler jedoch gilt Kurt Lauer als ein bunter Hund, der sich nicht von Vorgaben und Erwartungen einschränken lässt.


«Zwei Herzen in mir»

Seine Kunst sei Ausdruck eines grossen Freiheitswillens, betont Kurt Lauer – wie beim Jazz, der ja ebenfalls für Freiheit und Improvisation aus dem Moment heraus steht. Hier scheint sich der Kreis zu schliessen: Kurt Lauer als Künstler und Musiker. «Die Malerei und Musik sind wie zwei Herzen in mir», sagt der 79-jährige. Am Tag werde gemalt, in der Nacht stehe er auf der Bühne als Klarinettist und Saxophonist in der Swiss-German-Dixie-Corporation. Die sechsköpfige Formation wurde 1978 ins Leben gerufen. Kurt Lauer gehört zu den Gründungsmitgliedern. Zur Band zählen Musiker aus der Schweiz und Deutschland. Zu den Markenzeichen der Band gehören neben hervorragenden Musikern die Fähigkeit, spontan und aus der Seele heraus zu spielen. «An unseren Konzerten sage ich die Konzerte relativ spontan an. Für uns als Musiker bedeutet dies, dass wir innerhalb weniger Sekunden parat sein und uns auf das neue Stück einlassen müssen.» Doch diese Spontanität werde vom Publikum sehr geschätzt. Zudem wolle man bewusst keine Show-Band sein.


Swiss-German-Dixie-Corporation mit Kurt Lauer (Mann mit Hut): Die sechsköpfige Formation wurde 1978 ins Leben gerufen.

Fünfmal in New Orleans

Dies war schon immer so – auch als die Band im Gründungsjahr 1978 gleich eine Tournee durch die USA wagte. Während zwei Wochen spielten die Musiker in New York, Philadelphia, Miami und New Orleans. «Die Tournee war ein voller Erfolg», erinnert sich Kurt Lauer. Dabei sollte es nicht der einzige Auftritt in der Jazz- Hauptstadt bleiben. Insgesamt sechsmal gab die Band Konzerte in New Orleans. Als sie 1996 in die USA reiste, hatte sie 120 Mitglieder ihres 1986 gegründeten Fanclubs im Schlepptau. Über dem Atlantik begeisterte die Band die Flugpassagiere mit einem kleinen Konzert, 2005 sogar zusammen mit Musikern der Preservation Hall Jazz Band, die nach ihrem Auftritt in Zürich zurück nach New York flog. In New Orleans wurde die Swiss- German-Dixie-Corporation mit dem Ehrenbürgerrecht ausgezeichnet, nachdem sie dem Bürgermeister ein Ständchen gespielt und in der City Hall ein Konzert gegeben hatte. «Natürlich ist uns bewusst, dass wir nicht die ersten und einzigen sind, die das Ehrenbürgerrecht von New Orleans erhalten haben», relativiert Kurt Lauer den Ehrentitel mit einem Augenzwinkern.


Pfadfinderkonzert vor 1200 Personen

Sein Weg als Künstler und Musiker zeichnete sich schon in jungen Jahren ab. Als kleiner Junge eröffnete ihm die Blockflöte den Einstieg in die Musik. Mit zwölf Jahren etwa wechselte er zum Saxophon und gab sein erstes Konzert mit vier gleichaltrigen Musikern im Rahmen eines Pfadfindertreffens – notabene vor tausend Personen. «Damals habe ich den Jazz für mich entdeckt und wollte unbedingt eine eigene Band gründen.» Die Suche nach Musikerkollegen gestaltete sich auf dem Land nicht ganz so einfach. Doch Kurt Lauer liess nicht locker und landete irgendwann in einer wöchentlichen Jam-Session in Konstanz, wo sich junge Jazzmusiker im Büro eines Baugeschäfts und Jazz-Schlagzeugers trafen. Mit einigen Musikern aus dieser «Bu- ben-Band» entstand 1962 die «Halleluja Ramblers». Auch wenn die Band mittler- weile nicht mehr existiert, blickt Kurt Lauer mit Wehmut auf die Erlebnisse mit der Band zurück. 1973 nahm die Formation gar am Jazz Heritage Festival in New Orleans teil und wurde von einem Reporter des Südkuriers begleitet. Am traditionellen Jahreskonzert in Konstanz spielte die Band zeitweise vor bis zu 1200 Zuschauerinnen und Zuschauern. Die Band trat – ganz im Sinne des traditionellen New Orleans-Stils – ohne Mikrofone und Ver- stärker auf. «Die sehr radikale Ausrichtung der Band hat manche Musiker dazu bewogen, aus der Band auszutreten und neue Bands zu suchen oder eine eigene Formation ins Leben zu rufen», erzählt Kurt Lauer.


Auch Prinz Charles hörte mit

Die Swiss-German-Dixie-Corporation indes darf durchaus als Erfolgsgeschichte bezeichnet werden. Insgesamt sechs CDs hat die Band veröffentlicht, tausende Konzerte im In- und Ausland gespielt, darunter auch ein nicht alltäglicher Gig an einem Polo-Turnier in der Nähe von London – mit Prinz Charles im Publikum. «Wir erhielten in der Endauswahl als eine von drei Bands den Zuschlag», erzählt Kurt Lauer, «wahrscheinlich, weil wir die günstigsten waren». Unvergesslich war auch das Konzert in der Kuppel des Reichstages von Berlin. Dieses Jahr stehen ebenfalls verschiedene Auftritte auf dem Programm, unter anderem das Konzert vom 25. Mai im «Prestige Continentalexpress», einem historischen Luxuszug, der ab Arbon während drei Stunden seine Runden auf dem Schweizer Schienennetz dreht. Ein weiterer Höhepunkt dürfte der Auftritt an der Jazz-Meile vom 24. August in Kreuzlingen sein – ein Heimspiel für Kurt Lauer und seine Band.


JazzMeile Kreuzlingen ins Leben gerufen

Denn der Künstler organisierte zusam- men mit dem Sänger Harry Tschumy 2007 die erste Ausgabe dieses Festivals mitten in Kreuzlingen. Anstelle der erwarteten 120 Besucherinnen und Besucher kamen gegen 500 Personen an das Fest entlang der Hauptstrasse. Improvisation war angesagt – bekanntlich eine der Stärken von Jazzmusikern. Seitdem hat sich die JazzMeile in Kreuzlingen zu einem Dauerbrenner entwickelt, wie Kurt Lauer nicht ohne Stolz berichtet. Dieses Jahr steht am 24. August die 17. Ausgabe auf dem Programm. Seit drei Jahren ist Kurt Lauer Ehrenmitglied des Festivals und wirkt nicht mehr aktiv im Organisationsteam mit. Dafür bringt er den Event als Musiker auf der Bühne zum Klingen.


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